Bürgergeld als finanzielle Basis für Frugalisten?
Klicken Sie auf den unteren Button, um den Inhalt von Tarifcheck zu laden.
Für viele Deutsche ist die Idee, nicht mehr arbeiten zu müssen, sehr reizvoll. Unabhängigkeit vom Arbeitgeber, örtliche und zeitliche Freiheit, eine finanzielle Abdeckung die über dem Hartz 4 Satz liegt… ein Traum?
Im Folgenden wird erläutert, inwiefern ein mögliches Bürgergeld diesen Traum in Erfüllung gehen lassen könnte – und wieso die meisten Menschen dennoch arbeiten werden wollen.
Was ist Bürgergeld, was ist Frugalismus?
Zunächst sei erwähnt, dass die genauen Konditionen des Bürgergeldes noch nicht endgültig geklärt sind, grobe Rahmenbedingungen wurden aber bereits im Koalitionsvertrag der Ampelregierung umrissen. Der aktuelle Stand des Bürgergeldes sieht folgende Änderungen gegenüber Hartz 4 vor:
1. Eine leichte Erhöhung der monatlichen Zahlungen gegenüber dem Hartz 4 Satz
2. Keine Sanktionen mehr während der „Vertrauenszeit“ von sechs Monaten
3. In den ersten Jahren keine Umzugspflicht
4. Ein großzügigeres, nicht anrechnungsfähiges Schonvermögen
Frugalismus beschreibt eine Bewegung, die die Abkehr von unnötigem Konsum beschreibt. Frugale Menschen investieren häufig einen Teil ihrer Zeit in Recherche, wie Ausgaben reduziert und unnötiger Konsum minimiert werden kann.
Bürgergeld + Frugalismus = Nicht mehr arbeiten müssen?
Der erste Punkt ist bei den aktuellen Inflationszahlen fast bedeutungslos. Eine Erhöhung von etwa 50 Euro (auf 502 Euro) schlägt kaum die Inflation und dürfte sich real kaum auswirken. Zudem wird wie beim Hartz 4 die Warmmiete übernommen. Das Wegfallen der Sanktionen ist hingegen sehr interessant. Bisher wurde sanktioniert, wer sich nicht beworben oder Termine mit dem Jobcenter verweigert hat. Diese erwartete Eigenleistung fällt nun in den ersten sechs Monaten völlig weg.
Für Frugalisten wohl der interessanteste Punkt ist die Erhöhung des Schonvermögens. Hartz-4-Empfänger durften nur 5000 Euro an Vermögen besitzen, alles weitere musste aufgebraucht werden. Dieser Betrag wird nun auf 60.000 Euro erhöht. Das heißt: auch Sparer, die etwas Geld in einem Aktienportfolio oder auf dem Tagesgeldkonto haben, können Bürgergeld bekommen. Ob Kapitalerträge als Einkommen zählen werden, ist noch nicht geklärt. Orientiert man sich aber am Wohngeld, wird es vermutlich so geregelt werden, dass Kursgewinne nicht als Einkommen zählen, ausgeschüttete Dividenden jedoch schon.
Vergleich Selbstversorger vs. Bürgergeld
Zwar kann in manchen Konstellationen das Bürgergeld rein finanziell attraktiver sein als ein Arbeitslohn oder Gehalt – besonders für Beschäftigte im Niedriglohnsektor mit sehr hohen Wohnkosten – jedoch machen nichtfinanzielle Faktoren die Abhängigkeit vom Staat sehr unattraktiv. Geht man einem Beruf nach, findet in der Regel Wachstum statt. Das „Humankapital“ steigt durch Erfahrung und Weiterbildung und der steigende Marktwert der Arbeitskraft bringt zumeist Lohnsteigerungen mit sich. Wachstumspotenzial gibt es beim Bürgergeld jedoch nicht, richtet es sich doch immer nach dem Existenzminimum; mit mehr Wachstum als gelegentliche Inflationsausgleiche ist nicht zu rechnen. Zudem macht man sich langfristig von den Launen der Politik und der öffentlichen Wahrnehmung abhängig und erschwert sich immer mehr den Wiedereinstieg in den Arbeitsmarkt.
Das Bürgergeld versteht sich als eine Übergangsleistung. Als Auffangnetz geht es etwas weiter als Hartz 4, nimmt etwas die Dringlichkeit bei der Jobsuche heraus. Wer sich beruflich umorientieren möchte oder muss, findet im Bürgergeld mehr Sicherheit als beim Hartz 4. Als Grundlage, um nicht mehr arbeiten zu müssen, ist das Bürgergeld jedoch auf Grund seiner Höhe nicht geeignet. Selbst Frugalisten dürften sich auf lange Sicht schwer tun, von etwa 500 Euro im Monat ein erfüllendes Leben zu führen.